Was sich akut und bald für Onlinehändler ändert

Steuerliche Änderungen

Bereits in wenigen Tagen stehen für Sie als Onlinehändler gravierende Änderungen im steuerlichen Bereich an.

Große Veränderung bereits seit 1.4.2021: Vorbereitungen für das „OSS“

Wenn Sie Privatpersonen elektronische Dienstleistungen anbieten, kennen Sie bereits das „MOSS“ – das „Mini-One-Stop-Shop“-Verfahren: Hierüber können Unternehmer die Umsatzsteuer, die bei Verkauf dieser Dienstleistungen in anderen EU-Ländern anfällt, in ihrem eigenen Land erklären und begleichen.

Im Vergleich zum neuen „OSS“ – dem „One-Stop-Shop“ – ist der Anwendungsbereich des MOSS jedoch im wahrsten Sinne des Wortes Mini. Denn über den OSS sollen Unternehmer künftig nahezu sämtliche Leistungen für den Versandhandel deklarieren. Nämlich:

– Dienstleistungen mit Leistungsort in der EU durch EU-Unternehmer, wenn der Leistungsort nicht das Land ist, an dem der leistende Unternehmer sitzt,

– Innergemeinschaftliche Fernverkäufe durch

  • EU-Unternehmer,
  • Drittlands-Unternehmer,
  • Betreiber eines elektronischen Marktplatzes, wenn der Warentransport von einem Mitgliedstaat in einen anderen erfolgt und der Versandhändler im Drittlandsgebiet sitzt

– Inlandslieferungen durch den Betreiber eines elektronischen Marktplatzes, wenn der Warentransport innerhalb eines Mitgliedstaats erfolgt und der Versandhändler im Drittlandsgebiet sitzt

Wichtig: Die Kunden des Unternehmers müssen – kurz gesagt – nicht steuerpflichtige Personen sein (B2C).

Im Detail: Die Erwerber können folgende Personen sein:

  • Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen,
  • Kleinunternehmer bzw. solche, für die nach der Kleinunternehmerregelung keine Umsatzsteuer erhoben wird,
  • Unternehmer, die mit dem erworbenen Gegenstand Umsätze ausführen, für deren Steuer Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe festgesetzt sind,
  • juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben,
  • keine Unternehmer, für deren Unternehmen die Leistung bezogen wird,
  • keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätigen juristische Personen, denen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
  • keine juristischen Personen, die sowohl unternehmerisch als auch nicht-unternehmerisch tätig sind, bei denen die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist.

Folge: Seit dem 1.4.2021 können Sie als Onlinehändler sich beim OSS registrieren, wenn Sie möchten. Ab dem 1.7.2021 müssen sie dann die Umsätze aus den oben genannten Leistungen beim Bundeszentralamt für Steuern melden und abführen. Die Teilnahme am OSS ist nicht verpflichtend. Alternativ können Sie sich also auch weiterhin in den jeweiligen Ländern steuerlich registrieren und die Umsatzsteuer abführen, sofern sie dort fällig ist.

Lieferschwellen werden vereinheitlicht

Dies ist aber nicht die einzige gravierende Änderung für Sie als Onlinehändler. Ebenfalls ab dem 1.7.2021 entfällt das mühsame Rechnen und Grübeln rund um die Frage „Wie hoch ist eigentlich die Lieferschwelle in dem Land und habe ich sie schon überschritten?“. Denn dann gehören die unterschiedlichen Lieferschwellen – also Umsatzgrenzen, bei deren Überschreiten in den jeweiligen Land Umsatzsteuer anfällt – der Vergangenheit an.

Zur Erklärung: Verkaufen Unternehmer innerhalb der EU an Privatkunden Waren, müssen sie in dem jeweiligen Land Umsatzsteuer zahlen, wenn sie die jeweilige Lieferschwelle (zwischen 35.000 und 100.000 Euro) überschreiten. Dafür müssen sie sich in dem Land registrieren, dem Kunden die Umsatzsteuer in Rechnung stellen, die dort gilt und die Umsatzsteuer in dem Land abführen. Liegen sie unter der Lieferschwelle, müssen sie die Umsatzsteuer in Deutschland zahlen. Lesen Sie dazu auch diesen Artikel: “Was ist eine Lieferschwelle?

Das wird jetzt deutlich einfacher: Ab dem 1.7. gilt eine einheitliche Lieferschwelle in Höhe von 10.000 Euro pro Kalenderjahr innerhalb der gesamten EU. Überschreiten Sie als Onlinehändler diese Grenze für alle Verkäufe ins EU-Ausland, wird in den jeweiligen Ländern Umsatzsteuer fällig. Da diese niedrige Grenze künftig natürlich viel schneller überschritten wird, soll der hohe Aufwand entfallen, sich in den Ländern zu registrieren – und dafür gibt es dann das OSS.

Vergleichsweise kleine Änderung: Freigrenze für Einfuhrumsatzsteuer entfällt

Im Vergleich zu diesem „Hammer“ fällt folgende Änderung dagegen vergleichsweise unbedeutend aus: Ab dem 1.7.2021 wird die Freigrenze für Einfuhrumsatzsteuer entfallen. Bisher mussten Sie als Onlinehändler genau wie sonstige Käufer Einfuhrumsatzsteuer erst zahlen, wenn Sie Waren aus Drittstaaten mit einem Wert über 22 Euro empfingen. Diese Freigrenze wird es künftig nicht mehr geben: Die Umsatzsteuer fällt dann also mit jeder Lieferung an.

Rechtliche Änderungen

Es gibt auch eine ganze Reihe Änderungen, die im rechtlichen Bereich für Sie als Onlinehändler anstehen. Wirkung entfalten sie aber größtenteils noch nicht in diesem Jahr.

EU-Richtlinien zum Schutz von Verbrauchern bei digitalen Inhalten und Warenhandel

Bereits im Sommer 2019 sind folgende EU-Richtlinien in Kraft getreten:

  • Richtlinie für Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen (Richtlinie für digitale Inhalte) 
  • Richtlinie über vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels (Richtlinie für den Warenhandel)

Ziel beider Richtlinien ist es nicht nur Verbrauchern mehr Schutz und Rechtssicherheit zu bieten, wenn sie grenzüberschreitend einkaufen. Auch sollen Onlinehändler, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KUM), es künftig bei ihrer Verkaufstätigkeit einfacher haben, wenn sie grenzüberschreitend verkaufen. Denn aktuell haben sie einen hohen Kosten- und Zeitaufwand, weil sie in den unterschiedlichen EU-Ländern unterschiedliche Verbraucherschutzvorschriften beachten müssen.

Diese Richtlinien muss Deutschland zeitnah – bis zum 1.7.2021 – umsetzen. Gelten sollen sie dann ab dem 1.1.2022. Zwar werden große Teil des BGB insbesondere durch die Warenkaufrichtlinie ersetzt. Jedoch werden die Regelungen im Ergebnis ähnlich bleiben, da in Deutschland bisher schon ein hoher Verbraucherschutz gilt. Die entsprechenden Entwürfe befinden sich bereits im Gesetzgebungsverfahren, hier geht´s zum Gesetzesentwurf vom 9.3.2021.

EU-Richtlinien „New Deal for Consumers“

Weitere Regelungen, die für Sie als Onlinehändler sehr relevant sein werden, sind die Regeln der „Omnibusrichtlinie“, die am 7.1.2020 in Kraft getreten ist.

Diese beinhaltet die Anforderungen von vier verschiedenen Richtlinie zur Stärkung von Verbraucherrechten. Dabei geht es um folgende Bereiche:

  • Schutz gegen unlautere Geschäftspraktiken zwischen Unternehmern und Verbrauchern
  • Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise durch anbietende Unternehmer
  • Schutz der Verbraucherrechte
  • Schutz vor missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen

Die neuen Regeln beinhalten zum Beispiel:

  • Im Onlinehandel haben Sie umfassende Hinweispflichten.
  • Bei unlauteren Wettbewerbshandlungen und Verbraucherbenachteiligungen müssen Sie hohe Bußgelder zahlen.
  • Bieten Sie ein Produkt ermäßigt an, müssen Sie den niedrigsten vorherigen Preis der letzten 30 Tage angeben.

Umsetzen muss Deutschland die Richtlinie bis zum 28.11.2021. Am 11.6.2021 hat der Bundestag ein Gesetz zur Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und dem „Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ verabschiedet, um die Anforderungen der Richtlinie zum Teil umzusetzen. Gelten werden die Gesetze dann erst ab dem 28.5.2022.

Gesetz für faire Verbraucherverträge

Auch wichtig für Sie als Onlinehändler sind die geplanten Regelungen für faire Verbraucherverträge. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor:

  • Energielieferverträge mit Haushaltskunden müssen in Textform geschlossen werden
  • Einwilligung von Verbrauchern in Telefonwerbung sollen dokumentiert und aufbewahrt werden
  • Die Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf soll klargestellt werden

Das Gesetz befindet sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren. Für den 24.6.2021 ist eine weitere Beratung im Bundestag angesetzt. Hier geht’s zum Entwurf der Bundesregierung vom 24.2.2021.

Fazit

Für alle Onlinehändler wird´s im Juli spannend: Im steuerlichen Bereich stehen wichtige Änderungen vor der Tür. Wer den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, sollte sich am besten an einen auf Onlinehandel spezialisierten Steuerberater wenden. Und den finden Sie bei Fynax.