Wenn das Finanzamt böse auf Ihren Einspruch reagiert

Ein Steuerbescheid des Finanzamts ist zwar sehr formal, aber keineswegs in Stein gemeißelt. Enthält er Fehler zu Ihren Ungunsten, sollten Sie dagegen Einspruch einlegen. Damit wird Ihr Steuerfall komplett neu aufgerollt. Der Haken dabei: Das Finanzamt kann Ihren Einspruch kontern und Sie finanziell schlechter stellen als vor dem Einspruch. Doch wie gefährlich ist das?

Rein statistisch gesehen lohnt es sich durchaus, dem Finanzamt über einen Einspruch Paroli zu bieten. Laut der Einspruchsstatistik, die das Bundesfinanzministerium alljährlich veröffentlicht, entschieden die Finanzämter im Jahr 2015 in 64 Prozent der knapp 3,5 Millionen Einsprüche zugunsten der Steuerpflichtigen. Wer allerdings angreift, das zeigen die 36 Prozent der Fälle, sollte auch immer an seine Verteidigung denken. Diese Binsenweisheit aus dem Ball- und Kampfsport lässt sich gut auf das Verhältnis zum Finanzamt übertragen. Das zeigt folgender Fall:

Angenommen, Herr Sause hat vom Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2016 erhalten. Darin wird ihm eine Erstattung von 1.000 Euro angekündigt. Damit ist er überhaupt nicht einverstanden, weil das Finanzamt geltend gemachte Reisekosten nicht berücksichtigt hatte. Außerdem wurden seine Fortbildungskosten nicht als Werbungskosten anerkannt. Deshalb legt er Einspruch beim Finanzamt ein und verlangt weitere 3.500 Euro Steuererstattung.

Finanzamt setzt zum Konter an

Neun Tage später erhält Herr Sause Post vom Finanzamt. Darin wird er aufgefordert, dem Finanzamt das Fahrtenbuch seines Firmenwagens vorzulegen, für den er vor einigen Jahren eine Investitionsrücklage in Höhe von 60.000 Euro gebildet hatte. Sause läuft rot an: Er hat weder ein Fahrtenbuch geführt noch kann er die erforderliche 90-prozentige Nutzung als Firmenwagen anderweitig nachweisen. Würde das auffliegen, müsste er fünfstellig Steuern nachzahlen.

Einspruch lohnt sich nicht immer

Völlig aufgelöst ruft er seinen Steuerberater bei felix1.de an. Und der erklärt ihm, dass durch den Einspruch gegen den Steuerbescheid sein Fall neu aufgerollt wurde. Das bedeutet: Der Finanzbeamte prüft den gesamten Vorgang neu – und zwar in beide Richtungen. Er recherchiert einmal, ob die Gründe zutreffen, die der Steuerbürger für eine höhere Steuererstattung angibt. Und er prüft zugunsten des Finanzamts, ob er vielleicht bei der ersten Festsetzung etwas übersehen hat. So gesehen kann sich der Einspruch als Bumerang erweisen. Will das Finanzamt den Bürger in der Einspruchsentscheidung schlechter stellen als beim Einkommensteuerbescheid, sprechen die Steuerexperten von Verböserung – Nomen est Omen!

Verböserung muss angekündigt werden

Allerdings muss der Finanzbeamte dem Betroffenen zunächst mitteilen, dass für ihn aufgrund der erneuten Überprüfung aus diesen oder jenen Gründen höhere Steuern zu zahlen sind. Außerdem muss dem Steuerzahler vor der Entscheidung Gelegenheit gegeben werden, sich hierzu innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern. An diese Frist sollte sich der Steuerpflichtige halten. Erlässt das Finanzamt nämlich nach Fristablauf eine negative Einspruchsentscheidung, kann diese nur noch mit einer Klage vor dem Finanzgericht angefochten werden. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (Urteil vom 10.3.2016, Az.: III R 2/15).

Nach Einspruch kann auch ein Steuererlass wieder hinfällig werden

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatten Betriebsprüfer hohe Bareinzahlungen auf ein Firmenkonto entdeckt. Dem Betriebsinhaber fiel gegenüber dem Finanzamt keine bessere Erklärung ein als zu behaupten, bei den Bareinzahlungen handele es sich um Spielbankgewinne. Nach weiteren Gesprächen erließ das Finanzamt wenigstens teilweise die Steuerschuld. Dennoch legte die Firma Einspruch gegen den Steuerbescheid ein. Wegen der Möglichkeit der Verböserung nahm das Finanzamt den teilweisen Steuererlass wieder zurück und verlangte jetzt höhere Steuernachzahlungen. Zu Recht, wie die Bundesfinanzrichter entschieden.

Für gesicherten Rückzug sorgen

Wer wie Herr Sause beim Angriff in Form des Einspruchs übersehen hat, dass er selbst verletzbar ist, sollte also lieber den geordneten Rückzug antreten. Das geht ganz einfach, indem der Steuerpflichtige den Einspruch zurücknimmt. Damit wird der ursprüngliche Steuerbescheid bestandskräftig. Somit sind dann auch die Nachforderungen des Finanzamts vom Tisch. Herr Sause kann also aufatmen. Die Vorlage des Fahrtenbuchs nebst hoher Steuernachzahlungen sind vom Tisch. Natürlich sollten Betroffene bei derart hohen Steuernachzahlungen, die schnell im Raum stehen, stets einen Steuerberater hinzuziehen. Ein felix1.de-Steuerberater hilft Ihnen gern.

Vertrauensschutz bei Streitbeilegung vor dem Finanzgericht

Natürlich will auch die Rücknahme des Einspruchs gut überlegt sein. Ein zu frühes Einlenken gegenüber dem Finanzamt bedeutet eben auch, den Steuerbescheid nicht mehr gerichtlich anfechten zu können. Denn grundsätzlich besteht auch während des Verfahrens vor dem Finanzgericht noch die Möglichkeit, sich mit dem Finanzamt einvernehmlich auf eine bestimmte Summe zu einigen. Das Finanzamt darf dann nach einer gerichtlichen Einigung keinen neuen Steuerbescheid erlassen, der eine Verschlechterung für den Bürger erhält. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (Urteil vom 6.7.2016, Az.: X R 57/13).

Fazit

Wer in seinem Steuerbescheid Fehler entdeckt hat, der kann dagegen innerhalb eines Monats völlig kostenlos Einspruch einlegen. Die Chancen auf eine Korrektur stehen dabei gut: Bei der letzten Erhebung lag die Erfolgsquote bei 64 Prozent.

Wie die Einspruchsfrist exakt berechnet wird, erfahren Sie in unserem Artikel „So legen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch ein„. Wichtig zu wissen: Wer die Einspruchsfrist nur um einen Tag versäumt, kann dagegen nicht mehr gerichtlich vorgehen – von seltenen Ausnahmen abgesehen. Was man sonst noch alles rund um den Einspruch falsch machen kann, lesen Sie im Artikel „Die 5 größten Fehler beim Einspruch gegen den Steuerbescheid„.

Der Einspruch bewirkt übrigens nicht, dass Sie die festgesetzten Steuern erst einmal nicht zahlen müssen. Das geht nur, wenn Sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Können Sie sich allerdings am Ende nicht mit Ihren Argumenten durchsetzen, drohen hohe Säumnis-und Zinsnachschläge.

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