Unterstützt Deutschland Stundenhotels?

Der BFH entscheidet: Stundenhotels brauchen keine Umsatzsteuer zu zahlen – obwohl Hotelchef und Finanzgericht für etwas anderes plädiert hatten. Unterstützt der Staat die Sexindustrie?

Das Rotlichtmilieu jubiliert: Der Bundesfinanzhof – immerhin das höchste deutsche Finanzgericht – befreit Stundenhotels von der Umsatzsteuer!
Damit geht der BFH sogar einen Schritt weiter, als vom Stundenhotelbetreiber beabsichtigt. Denn der wollte eigentlich Umsatzsteuer zahlen.

Fragen Sie sich jetzt auch, ob das Horizontalgewerbe damit quasi subventioniert wird? Oder handelt es sich nur um eine weitere loriot’sche Episode der Endlos-Serie “Skurrile Umsatzsteuer”?
Falls Sie jetzt auch Rot sehen, keine Panik. Wir führen Sie durch den Rotlicht-Dschungel.

Episode 1 – Chef vom Stundenhotel zahlte 7 % Umsatzsteuer

Übernachtungen in Hotels werden seit 2010 mit 7 % Umsatzsteuer besteuert. Soweit, so gut. Ein Stundenhotelbetreiber im Hamburger Sperrbezirk dachte sich nun: “Auch ein Stundenhotel ist ein Hotel” und zahlte diese Umsatzsteuer an sein Finanzamt. Das Finanzamt sah das aber anders.

Episode 2 – Finanzgericht sagt: Stundenhotel mit 19% besteuern!

Das Finanzamt war der Meinung, dass die vergünstigte Besteuerung mit 7 % nicht für Stundenhotels gilt. Denn die 7 % sind nur für Beherbergungen gedacht. Und Beherbergung bedeutet Übernachtung. Erfahrungsgemäß wird ein Stundenhotel – nomen est omen – stundenweise, aber nicht für Übernachtungen gebucht. Das Finanzamt besteuerte das Stundenhotel also mit 19 %.

Der Fall ging vor das Hamburger Finanzgericht. Das Finanzgericht stimmte dem Finanzamt zu. Auch dort war man der Meinung, Stundenhotels seien mit 19 % zu besteuern.

Episode 3 – Höchste Instanz BFH sagt, Stundenhotels sind steuerfrei!

Die Geschichte nähert sich ihrem … ähm… Höhepunkt: Der Bundesfinanzhof sprach ein Machtwort und gab keinem Recht. Ein Stundenhotel ist umsatzsteuerfrei! Es handelt sich laut Bundesfinanzhof um eine GRUNDSTÜCKSVERMIETUNG (aha!), und die wird nicht besteuert.

Das Urteil lesen Sie hier nach.

Zum Verständnis:
Mit der Steuerbefreiung bei der Vermietung von Grundstücken möchte der Gesetzgeber eigentlich die Vermietung von Wohnraum subventionieren. Denn durch die Befreiung von der Umsatzsteuer sollen Wohnungen für jedermann erschwinglich bleiben.

Vorsicht: Erotikzimmer kosten Steuern!

Der BFH stellt aber auch fest, dass die Zimmervermietung von besonders ausgestatteten Zimmern, so genannten „Erotikzimmern“, nicht steuerbefreit ist. Denn hier steht nicht die Grundstücksvermietung im Vordergrund, sondern die Ausstattung des Zimmers und damit die Dienstleistung.

Fragt sich nun, bei welcher Ausstattung ein “Erotikzimmer” ein “Erotikzimmer” ist… Liebe LeserInnen, da der BFH hier schweigt und auch wir keine Antwort haben, bleibt es spannend (Es sei denn, Sie wissen mehr! Dann kommentieren Sie hier weiter unten.) Wir bleiben dran!