Häusliches Arbeitszimmer: Streifzug durch die aktuelle Rechtsprechung – Teil 1

Ein Mann sitzt am PC im häuslichen Arbeitszimmer In schöner Regelmäßigkeit veröffentlichen Finanzgerichte und Bundesfinanzhof neue Urteile rund um das häusliche Arbeitszimmer. Warum es so viele Gerichtsverfahren gibt und welche interessanten Fälle die Finanzrichter jetzt entschieden haben, stellen wir Ihnen in Teil 1 unserer Serie rund um das häusliche Arbeitszimmer vor.

Zankapfel häusliches Arbeitszimmer

Private Ausgaben haben in der Steuererklärung grundsätzlich nichts verloren. Dementsprechend schwierig ist es, Aufwendungen steuermindernd geltend zu machen, die mit der Privatsphäre in Berührung kommen. Ein beruflich genutzter Raum in der privaten Wohnung – mehr Nähe zum Privatleben geht fast gar nicht und deshalb schaut das Finanzamt beim häuslichen Arbeitszimmer auch so genau hin. Hinzu kommt: Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung haben den Abzug von Arbeitszimmerkosten sehr stark reglementiert und stellen daran strenge Anforderungen. Ein häusliches Arbeitszimmer wird nur unter diesen Voraussetzungen anerkannt:

  1. Der Steuerpflichtige verfügt über keinen anderen Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer oder das Arbeitszimmer stellt den Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit dar.
  2. Es muss ein abgeschlossener Raum vorliegen.
  3. Das Arbeitszimmer wird fast ausschließlich für berufliche bzw. betriebliche Zwecke genutzt.
  4. Das Zimmer ist als Arbeitsraum eingerichtet.

Auch wenn diese Regeln scheinbar klar formuliert sind, bleibt doch jede Menge Interpretationsspielraum. So gab es zu jedem dieser Punkte bereits reichlich Rechtsprechung und es gibt auch immer wieder neue Urteile.

Diese aktuellen Entscheidungen sollten Sie kennen, wenn Sie bereits ein Arbeitszimmer nutzen oder eines einrichten wollen:

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Selbstständige aufgepasst: Wann steht ein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung?

Ein Selbstständiger kann – im Gegensatz zu einem angestellten Arbeitnehmer – selbst über die Einrichtung seiner Betriebsräume und deren Nutzung bestimmen. Ist es dem Selbstständigen also möglich und zumutbar, dass er einen Raum zum Beispiel in seiner Praxis als Arbeitszimmer einrichtet, in dem alle betrieblichen Schreibtischtätigkeiten erledigt werden können, darf er die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht steuermindernd ansetzen.

In einem neuen Urteil stellte der Bundesfinanzhof aber auch klar:

  • Nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in den Betriebsräumen eines Selbstständigen ist automatisch ein „anderer Arbeitsplatz“.
  • Auch ein Selbstständiger kann auf ein häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein, vor allem, wenn wegen der räumlichen Gegebenheiten der Schreibtischarbeitsplatz, der sich in den Betriebsräumen befindet, für konkrete betriebliche Tätigkeiten nicht zumutbar genutzt werden kann.

Im entschiedenen Fall betrieb der Kläger eine Praxis für Logopädie. Im häuslichen Arbeitszimmer musste er die Lohnabrechnungen für vier Angestellte erledigen und die Einnahmen aus der Praxistätigkeit verbuchen. Wegen des hohen Verwaltungs- und Zeitaufwands konnte er dies nicht in den Praxisräumen tun, da ihm diese nur außerhalb der Öffnungszeiten, also abends und am Wochenende, für Bürotätigkeiten zur Verfügung standen. Darüber hinaus war es dem Kläger aufgrund der Größe der Räume und des offenen Praxiskonzepts nicht zumutbar, einen weiteren Arbeitsplatz oder gar einen ganzen Raum ausschließlich für Büro- und Verwaltungstätigkeiten einzurichten. Der Kläger durfte deshalb seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer steuerlich als Betriebsausgaben geltend machen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.2.2017, III R 9/16).

Badezimmer, Flur und Küche: Können die Kosten für andere Räume geltend gemacht werden?

Wer zu Hause arbeitet, nutzt während der Arbeitszeit die Küche, um sich einen Tee zu kochen, den Flur, um das Arbeitszimmer betreten zu können und sehr wahrscheinlich auch die Toilette. Trotzdem können die Aufwendungen für die Küche, das Badezimmer und den Flur nicht steuerlich berücksichtigt werden. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitszimmer selbst anerkannt wird. Der Grund: Diese Räume werden zu einem erheblichen Teil privat genutzt, sodass eine Aufteilung der Kosten in einen privaten und einen beruflichen Anteil gar nicht möglich ist (Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.2.2016, X R 26/13).

Und wie steht es mit den Kosten der Renovierung eines Badezimmers im privaten Einfamilienhaus? Da das Bad selbst nicht steuerlich anerkannt werden kann, scheitert auch ein Abzug der Renovierungskosten. Ob dies ebenfalls gilt, wenn die Renovierung über übliche Schönheitsreparaturen hinausgeht und den Wert des gesamten Hauses und damit die Abschreibungsgrundlage für das Arbeitszimmer erhöht, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Finanzgericht Münster war jedenfalls der Ansicht, dass sich durch die Wertsteigerung auch anteilig der Betriebsausgabenabzug für das häusliche Arbeitszimmer erhöht (Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.3.2015, 11 K 829/14 E). Das Urteil des Bundesfinanzhofs bleibt abzuwarten (Az. VIII R 16/15).

Fazit: Wie Sie sehen, bietet das Thema häusliches Arbeitszimmer viel Gesprächsstoff. Lesen Sie im zweiten Artikel unserer Serie, wie es mit Räumen aussieht, die als Arbeitszimmer angemietet werden.