Reisekosten Teil 2: Was bringen neue Urteile für Zugbegleiter und Leiharbeitnehmer?

Reisekosten-zugbegleiter

Seit 2014 gilt ein neues Reisekostenrecht. Diese Tatsache lockt heute im Jahr 2017 eigentlich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Wären da nicht etliche aktuelle Urteile von Bundesfinanzhof und Finanzgerichten. Diese klingen oft sehr erfreulich, betreffen aber leider meist noch die alte Rechtslage bis 2013. In diesem zweiten Beitrag zum Thema Reisekosten lesen Sie, was die neuen Urteile für Zugbegleiter und Leiharbeitnehmer bedeuten.

Zugbegleiter: Trotz positiver Rechtsprechung – die neue Rechtslage bringt eine deutliche Verschlechterung

In einem gerade vom Finanzgericht entschiedenen Fall muss eine Zug-Servicemitarbeiterin sich vor Dienstbeginn am Betriebssitz des Arbeitgebers melden und die nötigen Arbeitsmaterialien und -unterlagen entgegen nehmen. Bei Dienstende übergibt sie – ebenfalls am Betriebssitz – die Diensttasche und zahlt die Einnahmen ein. Wie darf die Zugbegleiterin die Fahrten von ihrer Wohnung zum Betriebssitz des Arbeitgebers (einfache Entfernung 94 km) abrechnen?

Nach der alten Rechtslage bis 2013 erfüllt der Betriebssitz nicht die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte, denn die Zugbegleiterin wird dort nicht schwerpunktmäßig tätig. Die Entgegennahme von Unterlagen und Arbeitsmaterialien sowie die Einzahlung der Einnahmen nach Fahrtende sind lediglich Handlungen, die für die berufliche Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind. Für die Fahrten von ihrer Wohnung zum Betriebssitz darf die Zugbegleiterin deshalb die Reisekostenpauschale ansetzen (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.2016, 2 K 2581/14). Das sind pro Arbeitstag 56,40 Euro (94 km x 2 (Hin- und Rückfahrt) x 0,30 Euro).

Die neue Rechtslage ab 2014 führt jedoch zu einer Verschlechterung: Der Betriebssitz des Arbeitgebers ist für die Zugbegleiterin nämlich keine erste Tätigkeitsstätte. Denn aufgrund der nur kurzen Aufenthalte sind die zeitlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.

Allerdings liegt in diesem Fall ein Sammelpunkt vor. Denn die Zugbegleiterin muss den Betriebssitz des Arbeitgebers dauerhaft und arbeitstäglich aufsuchen, um von dort ihre berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Für die Fahrten von zu Hause zum Sammelpunkt darf die Zugbegleiterin deshalb nur die Entfernungspauschale ansetzen (BMF, Schreiben vom 24.10.2014, Randziffer 37). Und das sind pro Arbeitstag nur noch 28,20 Euro (94 km x 0,30 Euro).

Leiharbeitnehmer: Endlich mal ein Urteil zur neuen Rechtslage

Ein Arbeitnehmer ist in dem vom Finanzgericht entschiedenen Fall bei einer Leiharbeitsfirma als Helfer beschäftigt. Das befristete Leiharbeitsverhältnis wird mehrfach verlängert. Nach dem Arbeitsvertrag muss der Leiharbeitnehmer mit einer jederzeitigen bundesweiten Umsetzung bzw. Versetzung einverstanden sein. Im Jahr 2014 ist er nur für einen Entleihbetrieb tätig, von seiner Wohnung fährt er direkt dorthin (einfache Entfernung 64 km).

Nach der alten Rechtslage bis 2013 hat ein Leiharbeitnehmer beim Entleihbetrieb typischerweise keine regelmäßige Arbeitsstätte, denn er kann sich zu Beginn der jeweiligen Tätigkeit normalerweise nicht darauf einstellen, im Betrieb des Entleihers dauerhaft tätig zu sein (Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.5.2013, VI R 43/12). Der Leiharbeitnehmer kann deshalb seine Fahrten zum Entleihbetrieb mit der Reisekostenpauschale abrechnen. Das sind pro Arbeitstag 38,40 Euro (64 km x 2 (Hin- und Rückfahrt) x 0,30 Euro).

Erfreulicherweise bringt die neue Rechtslage ab 2014 Leiharbeitnehmern keine Verschlechterung. Hier gilt: Ein Leiharbeitnehmer ist einem Entleihbetrieb nicht dauerhaft zugeordnet. Eine solche dauerhafte Zuordnung liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Wird ein Leiharbeitsverhältnis jeweils nur befristet begründet bzw. verlängert, ist damit auch jede Zuweisung an einen Entleihbetrieb durch das Fristende des Leiharbeitsverhältnisses begrenzt. Darüber hinaus ist gesetzlich nur eine vorübergehende und keine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung zulässig (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 30.11.2016, 9 K 130/16). Im Ergebnis darf der Leiharbeitnehmer auch nach neuer Rechtslage seine Fahrtkosten mit der Reisekostenpauschale abrechnen.

Das letzte Wort zum Thema Leiharbeitnehmer hat der Bundesfinanzhof. Ob er die (guten) Argumente des Finanzgerichts teilen wird, darf mit Spannung erwartet werden. Denn die finanzielle Bedeutung der Entscheidung ist bei fast 1 Million Leiharbeitnehmern in Deutschland enorm.

Die Urteile im Überblick

Zugbegleiter und seine Fahrten zum Betriebssitz:

bis 2013 ab 2014
Betriebssitz ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte Betriebssitz ist nicht die erste Tätigkeitsstätte, aber ein Sammelpunkt
0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer (Reisekostenpauschale) 0,30 Euro pro Entfernungskilometer (Entfernungspauschale)

 

Leiharbeitnehmer und seine Fahrten zum Entleihbetrieb:

bis 2013 ab 2014
Entleihbetrieb ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte Entleihbetrieb ist nicht die erste Tätigkeitsstätte
0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer (Reisekostenpauschale) 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer (Reisekostenpauschale)

Fazit: Wie Sie sehen, sollte man immer zwei Mal hinschauen, wenn man von einem neuen Urteil liest. Gerade für Leiharbeitnehmer heißt es jetzt Zittern. Sind Sie betroffen, machen Sie in jedem Fall die Reisekostenpauschale in der Steuererklärung geltend.

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