Regelungen rund um den Pkw: Was ist noch fair?

Es gibt so einige steuerliche Regelungen, bei denen die Frage berechtigt ist: Ist das eigentlich fair? Im Bereich des Pkw gibt es hier gleich zwei aktuelle Urteile, die hieran Zweifel aufkommen lassen. Über eines hat der BFH nun zu entscheiden – das andere liegt sogar beim Bundesverfassungsgericht. Wir berichten, worum es geht.

Stellen Sie sich vor, Sie nutzen Ihren Pkw privat und beruflich. Beim Verkauf des PKW soll nun der Erlös voll besteuert werden, obwohl Sie die Kosten gar nicht zu 100% geltend machen konnten. Oder was denken Sie, wenn Sie Ihren PKW zu mehr als 50% betrieblich nutzen, sich aber im Ergebnis weniger als 50% der Kosten steuerlich auswirken? Ist das fair? Klingt doch irgendwie nicht so. Das dachten sich auch die Betroffenen in zwei aktuellen Entscheidungen.

Fall 1: Verkauf eines privat genutzten Wagens: Wie viel muss versteuert werden?

Der Sachverhalt im ersten Urteil ist folgender: Arzt A kauft für 90.000 Euro einen Pkw, den er zu 25% für berufliche Fahrten und zu 75% privat nutzt. Er ist Einnahmenüberschussrechner und schreibt den Pkw 4 Jahre lang zu je 15.000 Euro ab (Nutzungsdauer 6 Jahre). 75% der Kosten erkennt das Finanzamt als private Nutzungsentnahme an. Dann verkauft er den Pkw für 36.000 Euro. Den Veräußerungsgewinn muss er folgerichtig versteuern. Aber wie hoch ist dieser?

Diese Frage ist so unklar, dass nun der BFH zu entscheiden hat: In welcher Höhe sind Anschaffungskosten, AfA und Buchwert bei der Veräußerung anzusetzen? Zu 100% oder – da A ja den Wagen zu 75% privat genutzt hat – nur zu 25%? Das hat gravierende Auswirkungen auf den Veräußerungsgewinn, den A als Betriebseinnahmen ansetzen und somit versteuern muss.  Das zeigt die folgende Gegenüberstellung:

Gesamtbetrag Betrieblicher Anteil von 25%
Anschaffungskosten 90.000 Euro 22.500 Euro
AfA für 4 Jahre 15.000 Euro * 4 = 60.000 Euro 15.000 Euro
Buchwert bei Veräußerung 30.000 Euro 7.500 Euro
Veräußerungspreis 36.000 Euro 9.000 Euro
Veräußerungsgewinn 6.000 Euro 1.500 Euro

Bei einem Steuersatz von 30% wären das 1.800 Euro im Vergleich zu 450 Euro Steuern, also ein Unterschied von immerhin 1.350 Euro.

Das Sächsische Finanzgericht (Urteil vom 4.5.2017, Az. 5 K 1362/15) sagt: A hat den Wagen zu mehr als 10% betrieblich genutzt und dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet. Er hat dies auch deutlich gemacht, indem er es in das Anlageverzeichnis aufgenommen hat. Damit gehört er zu 100% zum Betriebsvermögen und daran muss er sich festhalten lassen. Damit gehört auch der Erlös aus dem Verkauf zu 100% zu den Betriebseinnahmen.

Klingt das fair? A meint nein und hat deswegen Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Da ist jetzt die Revision anhängig. Tipp: Wenn Sie einen ähnlichen Fall haben, legen Sie Einspruch ein und beantragen Sie Ruhen des Verfahrens, bis der BFH entschieden hat. Nennen Sie hierzu das Aktenzeichen VIII R 8/18.

Fall 2: Begrenzung der Privatnutzung bei 1%-Regelung

In einem weiteren Pkw-Urteil geht es um die Frage, ob die Kostendeckelung bei der 1%-Regelung so fair ist, wie sie scheint. Stellen wir uns dazu folgenden Fall vor: A kauft sich einen Pkw (Bruttolistenpreis von 64.000 Euro) und nutzt diesen auch privat. Er ermittelt im Streitjahr Pkw-Kosten von knapp 11.000 Euro und setzt ca. 50% davon (knapp 5.500 Euro) für die private Nutzung des Pkw an.

Da er kein Fahrtenbuch geführt hat, wendet das Finanzamt die 1%-Methode an: Der geldwerte Vorteil nach dieser Methode liegt bei 7.680 Euro (1% von 64.000 Euro * 12 Monate). Der BFH bestätigt diese Annahme: Wer kein Fahrtenbuch führt, muss sich gefallen lassen, dass die Typisierung nach der 1%-Regel gilt.

A sieht das nicht ein und zieht jetzt vor das Bundesverfassungsgericht. Seine Begründung: Voraussetzung der 1%-Regel ist, dass der Wagen zu mehr als 50% betrieblich genutzt wird. Den Nachweis hat er erbracht. Warum muss er sich dann Kosten als Privatanteil zurechnen lassen, die bei mehr als 50% der tatsächlichen Kosten liegen? Denklogisch ist es nicht möglich, dass mehr als 50% der Kosten auf die private Nutzung entfallen. Damit hat er doch eigentlich Recht, nicht wahr? Ob er sich das gefallen lassen muss, wird bald das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Übrigens: Es gibt da ja auch noch die Regelung zur Kostendeckelung. Ist der Privatanteil nach der 1%-Regelung höher als die tatsächlich entstandenen Kosten des KfZ, wird der Privatanteil auf die tatsächlichen Kosten begrenzt. Das ist vor allem relevant, wenn es sich um einen Gebrauchtwagen handelt. Auch über diese Regelung dürfte das Bundesverfassungsgericht in der Folge mitentscheiden.

Tipp: Sind Sie davon betroffen, legen Sie auch in diesem Fall Einspruch ein und beantragen Sie unter Hinweis auf das Aktenzeichen 2 BvR 2129/18 Ruhen des Verfahrens.

Fazit: Was auf den ersten Blick fair scheint, muss es nicht immer sein. Auch Gesetzgeber und BFH-Richter können sich irren. In den genannten Fällen bleibt nur, Einspruch einzulegen und abzuwarten, was man „ganz oben“ dazu sagt.