Soziale Absicherung statt brotloser Kunst: Vorteile der Künstlersozialkasse

Als Künstler darf man in die Künstlersozialkasse einzahlen – die gesetzliche Sozialversicherung für Künstler und Publizisten. Dass es manchmal nicht ganz klar ist, wer dazu gehört, haben wir bereits geklärt. Lesen Sie heute, welche Vorteile man genießt, wenn man es schafft, Mitglied zu werden.

Vorteile liegen auf der Hand

Für selbstständige Künstler, die bisher privat krankenversichert waren, besteht über die KSK die Gelegenheit, wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren – und zwar ohne Wartezeit oder Berücksichtigung von Vorerkrankungen. Außerdem sind dann Familienmitglieder kostenlos mitversichert.

Vor allem aber bleibt die einkommensabhängig zu bezahlende Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung auch im Rentenalter erhalten. Das Risiko horrender Beitragserhöhungen dürfte sich damit erledigt haben. Allerdings weiß zum heutigen Zeitpunkt niemand, welche Leistungen in fünf oder zehn Jahren noch von der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden.

Für Künstler und Publizisten mit schwankenden Einkommen am unteren Ende der Skala dürfte aber jedenfalls entscheidend sein, überhaupt in den Genuss einer bezahlbaren Sozialversicherung zu kommen. Und da ist die KSK eine attraktive Alternative.

Des einen Freud, des anderen Leid

Doch die Künstlersozialkasse hat auch ihre Schattenseiten. Viele kleine Betriebe wissen nicht, dass sie trotz bezahlter Rechnung an einen Fotografen oder Webdesigner on top von dem Rechnungsbetrag noch einmal 5,2 Prozent an die KSK abführen müssen. Aus ihrer Sicht schließen sie guten Glaubens einen Vertrag und tappen nichts ahnend schnurstracks in eine Falle.

Die Zahl der abgabepflichtigen Unternehmen stieg um rund 25 Prozent von insgesamt rund 181.000 Unternehmen im Jahr 2014 auf rund 227.000 Betriebe im Jahr 2015 an. Unternehmer, die sich unsicher sind, können per Mail oder Fax form- und kostenlos bei der KSK anfragen, ob eine konkret in Auftrag gegebene Dienstleistung abgabepflichtig ist oder nicht. Die KSK hat ihren Sitz in Wilhelmshafen und ist im Internet unter www.kuenstlersozialkasse.de erreichbar.

Gesetzliche Schlupflöcher nutzen

Von dem Grundsatz der Abgabe- und Meldepflicht an die KSK gibt es aber einige Ausnahmen. So müssen Unternehmer keine Abgabe leisten, wenn sie pro Jahr nicht mehr als 450 Euro an Honoraren an freischaffende Künstler zahlen. Dabei zählt der Nettobetrag, Reise- und Bewirtungskosten des Künstlers bleiben ebenfalls außen vor.

Außerdem wird die KSK nur dann fällig, wenn Auftragnehmer ein Künstler ist, der seine Geschäfte in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) betreibt oder als Einzelperson am Markt agiert.

Keine Künstlersozialabgabe wird dagegen fällig, wenn Unternehmer Aufträge an freischaffende Kreative vergeben, die sich als GmbH,  AG, e.V. oder öffentliche Körperschaften und Anstalten organisiert haben. Dasselbe gilt für Zahlungen an eine Kommanditgesellschaft (KG), GmbH & Co. KG und OHG.

Gericht attestiert legale Gestaltungsmöglichkeit

Deshalb musste etwa der Fernsehsender RTL auf das Honorar des Künstlers Costa Cordalis für dessen Teilnahme am RTL-Dschungelcamp keine KSK-Abgabe leisten. Der Trick dabei: Das Honorar wurde an eine Kommanditgesellschaft überwiesen, deren gewinnbezugsberechtigter Gesellschafter Cordalis war. Für das Ausnutzen dieser Gesetzeslücke hat das Bundessozialgericht sogar einen Freifahrtschein ausgestellt.

Im Fall von Costa Cordalis heißt es in dem Urteil der Kasseler Richter wörtlich: „Die Ausnutzung solcher rechtlich nicht verbotenen Gestaltungsmöglichkeiten ist zulässig, auch wenn das zu einer Umgehung der Zielvorstellungen des Künstlersozialversicherungsgesetzes führt. Eine Änderung dieses Zustandes bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten.“

Verfassungsbeschwerde erhoben

Kein Wunder, dass die Kritik am derzeitigen System der Beitragserhebung bei der KSK wächst. Der Bund der Steuerzahler hält die Erhebung der KSK sogar für verfassungswidrig. Er unterstützt die Klage eines Unternehmers vor dem Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 2885/15).

Nach Ansicht des Steuerzahlerbundes bestehe das symbiotische bzw. enge Verhältnis zwischen Künstler und Vermarkter, mit dem die Künstlersozialabgabe früher gerechtfertigt wurde, heute nicht mehr. Vielmehr könne jeder Künstler mittlerweile seine Werke im Internet selbst vermarkten. Zudem sei es verfassungswidrig, dass die Abgabe auch auf Leistungen von Künstlern erhoben wird, die gar nicht in der KSK versichert sind und den versicherten Künstlern somit gar nicht zugutekommt.

Mit einer Entscheidung der Karlsruher Verfassungsrichter wird frühestens im Laufe des Jahres 2017 gerechnet.

Der Antrag: Künstler muss Einkommen schätzen

Wer in die Künstlersozialkasse will, muss einen Antrag stellen. Bei der Antragstellung muss der Künstler angeben, wie hoch sein Einkommen aus der künstlerischen/publizistischen Tätigkeit im laufenden Jahr sein wird. Angenommen, der Künstler gibt zunächst ein jährliches Arbeitseinkommen von 10.000 Euro an, ergeben sich folgende monatliche Teilbeiträge:

  • zur Rentenversicherung: 9,35 % von 10.000 Euro = 935,00 Euro : 12 = 77,91 Euro
  • zur Krankenversicherung: 7,3 % allgemeiner Beitragssatz v. 10.000 € = 730,00 Euro : 12 = 60,83
  • zur Pflegeversicherung:

– für Mitglieder mit Kindern 1,275 % von 10.000 Euro = 127,50 Euro : 12 = 10,62 Euro

– für Mitglieder ohne Kinder 1,525 % von 10.000 Euro = 152,50 Euro : 12 = 12,71 Euro

Daraus errechnet sich folgender monatlicher Gesamtbeitrag des Versicherten: 148,53 Euro mit Kind bzw. 150,61 Euro ohne Kind. Der monatliche Mindestbeitrag des Künstleranteils liegt derzeit bei rund 70 Euro, der Höchstbeitrag für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bei ca. 950 Euro. Dann muss das Arbeitseinkommen aber jenseits von 76.200 Euro (West) bzw. 68.400 Euro (Ost) liegen.

Fazit: Es lohnt sich, in die Künstlersozialkasse einzuzahlen. Im Zweifel versuchen Sie es – Sie haben nichts zu verlieren.

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