Erhöhung des Mindestlohns – das ist zu tun!

Das Thema Mindestlohn ist seit zwei Jahren ein Dauerbrenner. Bereits im letzten Jahr war dabei der Jahreswechsel ein wichtiger Zeitpunkt, an dem es Handlungsbedarf gab. Und auch zum 1.1.2017 steht eine Erhöhung des Mindestlohns an. Wir haben ETL Rechtsanwalt Dr. Schlegel nach den To-Do´s für die letzten Tage im Jahr gefragt.

Hallo Herr Dr. Schlegel. Am 1.1.2017 wird der Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,84 Euro erhöht. Was bedeutet das konkret für den Arbeitgeber? Was muss er tun?

An sich gar nichts! Denn bei der Anhebung des Mindestlohns handelt es sich um eine Art Automatismus. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber steigt grundsätzlich in allen Fällen, in denen der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn schuldet, ohne weiteres. Allerdings ist in jedem Fall darauf zu achten, dass insbesondere der Arbeitsvertrag die durch Gesetz geregelte Mindestentlohnung korrekt regelt. Überall dort, wo der Arbeitsvertrag bislang eine Vergütung vorgesehen hat, die sich unterhalb von 8,84 Euro brutto je Zeitstunde bewegt, sollte der Vertrag vorsorglich angepasst werden. Das macht man in aller Regel mittels einer sogenannten Änderungsvereinbarung.

Was bedeutet die Erhöhung für Minijobber?

Für Minijobber gelten in vielen Fällen Besonderheiten. Regelt der Arbeitsvertrag mit dem Minijobber eine bestimmte Zahl von Arbeitsstunden, die der Minijobber zu erbringen hat, so sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass auch unter Beachtung der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns die Grenze von 450 Euro pro Monat nicht überschritten wird. Sieht der Arbeitsvertrag beispielsweise bislang eine monatliche Arbeitszeit von 52 Stunden vor, so macht das unter Beachtung eines Stundenentgelts von 8,50 Euro in der Summe 442 Euro aus. Die Grenze von 450 Euro wird also nicht überschritten. Ab Januar 2017 sieht das anders aus. Denn 52 Stunden zu je 8,84 Euro ergeben 459,68 Euro. Wir haben keinen Minijob mehr! Es empfiehlt sich daher dringend, insbesondere Arbeitsverträge mit Minijobbern sorgfältig unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls rechtzeitig zu korrigieren bzw. anzupassen.

Gibt es da eine Formel, nach der man den Mindestlohn berechnen kann?

Die Formel, nach der man den Mindestlohn berechnen kann, ist denkbar einfach. Der Arbeitgeber schuldet für jede durch den Arbeitnehmer geleistete Stunde ein Mindestentgelt von 8,84 Euro brutto. Dabei reden wir über den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz. Selbstverständlich kann sich beispielsweise aus einem anwendbaren Tarifvertrag heraus ein höherer Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ergeben.

Angenommen der Arbeitnehmer hat eine 40-Stunden-Woche und erhält ein festes Monatsgehalt, das anhand von 8,84 Euro pro Stunde berechnet wird. Der Februar hat nun aber weniger Arbeitstage.

Unterschreitet der Arbeitgeber dann die Mindestlohngrenze? Und was kann er dagegen tun?

Dr. Uwe Schlegel, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der ETL Rechtsanwälte
Dr. Uwe Schlegel, Rechtsanwalt und
Geschäftsführer der ETL Rechtsanwälte

Mit dieser Frage sprechen sie ein sehr komplexes Thema an. Das Ganze wird häufig unter der Überschrift „verstetigtes Monats-Bruttoentgelt“ behandelt. Tatsächlich ist es so, dass die einzelnen Monate des Jahres keine übereinstimmende Zahl von Arbeitstagen aufweisen. Beim Februar handelt es sich bekanntlich um einen eher kurzen Monat, der Juli ist dafür ein langer Monat. Das Problem besteht im Kern darin, dass der Arbeitgeber an sich verpflichtet ist, grundsätzlich am Ende eines jeden Monats das Mindestentgelt zu berechnen, das sich nach dem Mindestlohngesetz zu Gunsten des Arbeitnehmers ergibt. Dann zahlt der Arbeitgeber im Juli definitiv zu wenig!

Wie man das Problem sicher löst, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Vieles deutet darauf hin, dass sowohl die Zollbehörden wie auch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ein sogenanntes fiktives Arbeitszeitkonto akzeptieren. Dazu bedarf es einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung. Ein Formulierungsbeispiel finden Sie auf www.etl-rechtsanwaelte.de. Hält man sich an die Regeln, so sind jedenfalls regelmäßig monatlich 1.532,27 Euro zu bezahlen (8,84 Euro x 173,33 Tage).

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Und was ist, wenn der Chef dem Arbeitnehmer ein Smartphone oder einen Firmenwagen zur Verfügung stellt? Kann er dann auch weniger als den Arbeitslohn zahlen?

Nein, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Denn das Bundesarbeitsgericht hat in seiner ersten Entscheidung zum gesetzlichen Mindestlohn (BAG, Urteil vom 25. Mail 2016, Aktenzeichen 5 AZR 135/16) darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Mindestlohn nur durch eine Geldzahlung erfüllt werden kann. Damit scheiden so genannte Sachleistungen aus.

Was muss der Arbeitgeber noch tun? Muss er nach wie vor die Arbeitszeiten dokumentieren? Oder gibt es Ausnahmen?

Soweit es die Dokumentation der Arbeitszeiten betrifft, wird sich ab 1.1.2017 nichts ändern. Es bleibt bei den bislang bestehenden Pflichten, Arbeitszeiten zu dokumentieren. Dabei ist noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – grundsätzlich die Arbeitszeit eines jeden Minijobber zu erfassen ist, und zwar Anfang, Ende sowie Gesamtdauer der (täglichen) Arbeitszeit.

Ich glaube, jetzt sind unsere Leser bestens gerüstet für die Erhöhung. Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Schlegel!